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Ukraine: Queer-Beauftragter fordert besseren Schutz für LGBTI* // © IMAGO / epd
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Ukraine - Queere Flüchtlinge in Gefahr „Die Gefahr für die queere Community ist groß, sollte Putin den Krieg gewinnen.“

ms - 11.03.2022 - 09:30 Uhr

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, hat gegenüber Buzzfeed Deutschland die ukrainische Regierung dazu aufgefordert, endlich LGBTI*-Menschen aus der Ukraine ausreisen zu lassen – gerade auch mit Blick auf queere Männer und trans-Frauen, die im Falle eines männlichen Passes aktuell nicht das Kriegsgebiet verlassen dürfen.

LGBTI*-Menschen bräuchten dringend einen besseren Schutz. Lehmann dazu:

 

„Ich bitte die ukrainische Regierung: Lassen Sie besonders gefährdete Menschen ausreisen. Dazu gehören LGBTI*-Personen und aktuell besonders trans-Frauen. Diese können gerade nicht in sichere Landesteile gelangen oder das Land verlassen, weil sie interne Checkpoints aufgrund der Generalmobilmachung nicht passieren können. Selbstverständlich hat die Ukraine das Recht auf Selbstverteidigung. Aber schwule, bisexuelle Männer und trans-Menschen haben auch das Recht auf Schutz ihres Lebens.“

 

Bekannt geworden war die besonders dramatische Situation von trans-Frauen durch die ukrainische trans-Sängerin Zi Faámelu (schwulissimo.de berichtete) – sie konnte ihre Heimat nicht verlassen, da ihr Personalausweis sie noch als Mann ausweist.

Mithilfe von Freunden konnte sie inzwischen allerdings heimlich flüchten. Dramatisch ist die Situation zudem auch für queere Menschen, die bereits in der Ukraine Flüchtlinge waren – beispielsweise schwule Männer, die vor den Gräueltaten und der Verfolgung und Folter in Tschetschenien oder Georgien geflohen sind. Sie trifft der Krieg in der Ukraine doppelt, denn der besondere Flüchtlingsstatus gilt in der Europäischen Union nur für Menschen mit ukrainischen Pass – bereits geflüchtete Menschen, die in der Ukraine Schutz suchten und jetzt abermals fliehen müssen, erhalten keine dreijährige Aufenthaltserlaubnis ohne Asylantrag im Vergleich zu Ukrainern.

LGBTI*-Organisationen wie die Schwulenberatung Berlin fordern eine dringende Änderung der Richtlinien, die erst gestern beim Treffen der europäischen Innenminister abschließend beschlossen worden sind. In Österreich wird seit gestern Abend heftig darüber gestritten, ob nicht doch auch hilfsbedürftige LGBTI*-Flüchtlinge aus Drittstaaten in die nationale Umsetzung des Beschlusses doch einbezogen werden sollen.

Bisher wird diese Idee vom österreichischen Innenminister Gerhard Karner und seiner Partei blockiert. Für queere Flüchtlinge aus Tschetschenien und Georgen bedeutet das, sie würden in ihre ursprünglichen Heimatländer zurückgeschickt.

 

Wie dramatisch die Lage für LGBTI*-Menschen ist, bestätigt auch Sven Lehmann. Queere Menschen werden gerade zum internationalen Spielball und drohen zwischen homophoben Ländern in Europa aufgerieben zu werden.

Sollte Russland tatsächlich die Ukraine komplett einnehmen, würde sich die Situation für queere Minderheiten noch weiter verschlimmern:

 

„Russland geht seit vielen Jahren gegen queere Menschen vor, das sehen wir an den Anti-Homosexuellengesetzen, den Verfolgungen und Erniedrigung von trans-Personen. Einfach, weil sie ein starkes Symbol der Freiheit sind, der Freiheit, so zu leben und zu lieben, wie man möchte. Aktuell kursieren Gerüchte über sogenannte russische Todeslisten im Ukraine-Krieg, die aus den USA stammen. Die Gefahr für die queere Community ist groß, sollte Putin den Krieg gewinnen.“

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